Wer sich für Literatur interessiert, der kam an dem Schriftsteller,
Übersetzer und Vorleser nicht vorbei. Und wer im Leben noch kein Buch
angerührt hat, der kannte doch immerhin den zauseligen Obdachlosen, den
er auf eigenen Wunsch in der
"Lindenstraße"
verkörperte. Ein Entkommen gab es nicht, nicht vor seiner Stimme, nicht
vor seinem Charme, nicht vor seinem Werk. Die Omnipräsenz als
Intellektueller war in seinem Fall ein Segen.
Harry Rowohlt
war nicht nur Geistesgröße, sondern auch Naturereignis. Einer, den man
fürchten konnte und doch lieben musste. Ein Bär von sehr großem
Verstand.
Anekdoten zog er hinter sich her wie ein Komet seinen Schweif. Ein guter
Freund und Kollege traf ihn einmal im Zug, wie immer unterwegs zu einer
Leseveranstaltung, und wünschte Rowohlt zum Abschied nachlässig "Alles
Gute!" Darauf polterte der Angesprochene gestreng, einem Künstler
wünsche man doch wohl "Toi, toi, toi" oder "Hals- und Beinbruch", aber
doch im Leben nicht "alles Gute"!
Nicht von ungefähr würdigte also die Jury des Deutschen
Jugendliteraturpreises nicht nur "Komik, Schrägheit, Hintersinn,
Skurrilität, Absurdität, Übertreibung und Genialität" im Werk des
"All-Age-Übersetzers" - sondern auch seine "Sprachverliebtheit bis zur
Sprachbesessenheit".
Am Montag ist Harry Rowohlt mit 70 Jahren in Hamburg gestorben. "Ist
dies ein derber, aber herzlicher Scherz oder ist es lediglich ein
Unfall?", will I-Ah wissen. Es ist, um mit Pu zu reden:
"So ein Mist".
Harry Rowohl: "Dick, faul und gefräßig". (seine Antwort auf die Interview-Frage im Bonner "Generalanzeiger", wie er sich selbst beschreiben würde)