Lesen ist ein großes Wunder



Donnerstag, 18. Juni 2015

Harry Rowohlt: dick, faul und gefräßig

So sehr der Kolumnist und Sprachkünstler Rowohlt auch dem Heiteren zugeneigt... 

Wer sich für Literatur interessiert, der kam an dem Schriftsteller, Übersetzer und Vorleser nicht vorbei. Und wer im Leben noch kein Buch angerührt hat, der kannte doch immerhin den zauseligen Obdachlosen, den er auf eigenen Wunsch in der "Lindenstraße" verkörperte. Ein Entkommen gab es nicht, nicht vor seiner Stimme, nicht vor seinem Charme, nicht vor seinem Werk. Die Omnipräsenz als Intellektueller war in seinem Fall ein Segen. Harry Rowohlt war nicht nur Geistesgröße, sondern auch Naturereignis. Einer, den man fürchten konnte und doch lieben musste. Ein Bär von sehr großem Verstand.

Anekdoten zog er hinter sich her wie ein Komet seinen Schweif. Ein guter Freund und Kollege traf ihn einmal im Zug, wie immer unterwegs zu einer Leseveranstaltung, und wünschte Rowohlt zum Abschied nachlässig "Alles Gute!" Darauf polterte der Angesprochene gestreng, einem Künstler wünsche man doch wohl "Toi, toi, toi" oder "Hals- und Beinbruch", aber doch im Leben nicht "alles Gute"!
Nicht von ungefähr würdigte also die Jury des Deutschen Jugendliteraturpreises nicht nur "Komik, Schrägheit, Hintersinn, Skurrilität, Absurdität, Übertreibung und Genialität" im Werk des "All-Age-Übersetzers" - sondern auch seine "Sprachverliebtheit bis zur Sprachbesessenheit". 

Am Montag ist Harry Rowohlt mit 70 Jahren in Hamburg gestorben. "Ist dies ein derber, aber herzlicher Scherz oder ist es lediglich ein Unfall?", will I-Ah wissen. Es ist, um mit Pu zu reden:

"So ein Mist". 

Harry Rowohl: "Dick, faul und gefräßig". (seine Antwort auf die Interview-Frage im Bonner "Generalanzeiger", wie er sich selbst beschreiben würde)



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